Sagar, sorbisch Zagor, wurde erstmals erwähnt am 09.09.1366. Damals schenkte Johann von Penzig seiner Mutter Aluscha Muskauer Dörfer.
Herzog Bolko II. von Schweidnitz – Jauer bestätigte diesen Vertrag. Der Name leitet sich ab vom za (hinter) und gora (Berg), was seiner ursprünglichen Lage auf dem rechten, jetzt polnischen, Neißeufer entspricht. 1409 erwähnt eine Görlitzer Ratsrechnung das Dorf wiederum im Zusammenhang mit einem Einwohner, der Holzdiebstahl begangen hatte. Hier wird der Name so verwendet, als wäre er von za goreti (nach dem Brennen) abgeleitet.
Überschwemmungen und die Suche nach neuen guten landwirtschaftlichen Flächen führten dazu, daß sich der Ort im Mittelalter immer mehr auf das linke Neißeufer und das Gebiet der Bäche ausdehnte. Dabei gewann man durch Brandrodung Land. Die Bezeichnung za gora ist also die Ursprüngliche. Noch bis 1912 fand man auf dem alten Friedhof jenseits der Neiße Gegenstände, die ins Museum nach Görlitz gebracht wurden. Nach Annahme alter Chronisten erfolgte die Erweiterung des Ortes auf das linke Ufer ab dem 12. Jh.. Das älteste Haus war das, in dem in den letzten Jahrzehnten Berta Michalk/Manfred Drogoin im Unterdorf wohnten. Das zweite Haus war das von Grabein/Herzig (heut auf dem Grundstück Gran, Am Berge).
Gesiedelt wurde in der Regel auf sandigem Grund, um gutes Wiesen- und Ackerland zu schonen. Das führte zu vielen Ortsteilen mit einer großen Ausdehnung (Bukonitza, Altes Dorf, Kuppatz, Lugk, Klein – Berlin, Kutschig u.a.).
Bis zum Bau der Friedensstraße Krauschwitz – Lodenau 1952 war Sagar nur durch eine Kiesstraße mit Muskau verbunden. 1923 ließ der Gemeindevorsteher Melcher diese durch das Unterdorf bis zur Straße Cottbus-Görlitz bauen. Die alte Sandstraße führte durch die Bukonitza. Um den Talkesel zu umgehen, wurde eine neue Trasse am Hang angelegt. Als Packlage unter den Kies lieferte die Keulahütte Schlacke.
Ansonsten existierten Sandwege. Besonders teile der heutigen Neudorfer Straße und der ehemaligen Muskauer Straße bei Dutschke erlaubten bei Schlechtwetter kaum noch ein Durchkommen. Gemeindevorsteher Melcher ließ auch diese Straßen mit einer Granitpackung versehen und bekiesen. Sagar war immer vollständig von Wald umgeben, der neben der Landwirtschaft (329 ha Felder u. Wiesen) die meisten Menschen beschäftigte. Das Holz wurde in einem Sägewerk verarbeitet, welches schon vor dem 30 – jährigen Kriege bestanden hatte.
Die Standesherrschaft Muskau ließ es ab 1646 wieder aufbauen. Außerdem war die Waldzeidlerei verbreitet. Auf diese verweist der sogenannte Bienengarten zwischen Skerbersdorf und Sagar. Auch das Pechbrennen trug zum Lebensunterhalt bei. Ein Pechofen wird 1552 erstmalig in einer Abgabenordnung der Herrschaft erwähnt. Mit dem Ausbau der Keulahütte im 17. Jahrhundert fanden viele Menschen eine zusätzliche Arbeit, wobei die kleine Hauswirtschaft nebenbei betrieben wurde. Die ursprünglich sorbischen Einwohner vermischten sich zunehmend mit den eingewanderten Deutschen. Derzeit gibt es nur noch wenige Menschen, die sorbisch verstehen. Die Umgangssprache ist deutsch. Der letzte Sorbischunterricht wurde mangels Beteiligung in den 60-er Jahren eingestellt.
Im Jahre 1551 fiel die Standesherrschaft an Böhmen. 1597 kaufte sie der Burggraf Wilhelm von Dohna. Sagar gehörte immer dazu. Weitere Herrschaftswechsel sind in der Chronik von Bad Muskau ersichtlich. Die freiwillige Feuerwehr wurde am 09. September 1906 gegründet und arbeitet seither sehr aktiv. 1997 konnte ein neues Feuerwehrgerätehaus eingeweiht werden. Sagar bildete mit Skerbersdorf 100 Jahre lang eine Schulgemeinschaft. 1876 wurde eine eigene Schule eingeweiht, die heutige Alte Schule. 1905 besuchten sie 164 Kinder. 1927 bezogen die Schüler eine neue Schule, die heute noch bis zur 4. Klasse Schüler aus Sagar und Umgebung betreut.
Einige weitere Fakten aus der Dorfgeschichte:
Juli 1897 größte Überschwemmung. Das Unterdorf unter Wasser.
Markierung am Haus Grabein/Herzig vorhanden gewesen.
1914 leben in Sagar 840 Einwohner.
1916 brennt die Mühle restlos ab. Der Besitzer Weise verarmt und muss verkaufen. Die Brandursache bleibt ungeklärt.
1918 geht der Weltkrieg zu Ende. 17 Männer verlieren ihr Leben, davon 3 in Folge der Verwundungen zu Hause. Aller Namen sind auf einer Tafel am Kriegerdenkmal aufgeführt.
1920 muss die Herrschaft Muskau 35 ha Wald und Wiesen als Siedlungsland abtreten. Darauf entsteht u.a. „Klein Berlin“.
1922 wird die Genossenschaft für elektrisches Licht und Kraftanlagen gegründet. Damit ist die Zeit der Petroleumlampen vorbei.
Am 16.3.1933 werden die folgenden Kommunisten, meistens gleichzeitig auch Sportler, um 5 Uhr verhaftet und in das KZ Leschwitz bei Görlitz gebracht: Fritz Stiller, Max Lenke, Erich Noack, Gerhard Stupka, Heinrich Noack, Kurt Nuglan, Herrmann Hoffmann, Ferdinand Hoffmann, Ferdinand Werner, Paul Glona, Gustav Glona, Willi Gräsing, Paul Murkisch, Heinrich Murkisch, Fritz Tschöpel und Alfred Robel. Einigen von ihnen wurde am Volksgerichtshof Leipzig der Prozess gemacht. Es hagelte viele Jahre Gefängnis. Paul Murkisch und Gustav Glona sind an den Folgen der Haft verstorben. Im Juni 1933 verhafteten die Nazis auch die Sozialdemokraten Fritz Gräsing, Heinrich Werner, Otto Lehmann und Wilhelm Noack.
Am Mittwoch vor Ostern 1933 brach im Hause Tschatschula/Noack im Unterdorf ein Feuer aus, welches in wenigen Stunden großen Schaden anrichtete. Es verbrannten 3 Wohnhäuser, 6 Scheunen und mehrere Schuppen mit landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten. Die Brandursache blieb ungeklärt. 14 Feuerwehren der Umgebung waren im Einsatz (Muskau, Weißwasser, Weißkeissel, Skerbersdorf, Braunsdorf, Lugknitz, Köbeln, Betsaule, Quolsdorf, Burglehn-Muskau, Krauschwitz Ost und West, Pechern und Sagar.
1936 setzt sich Bürgermeister Heinrich Droigk für den Neubau von Wohnhäusern ein. Es entstehen 16 mit Nebengebäuden. Auf seine Initiative wird auf dem Friedhof ein 14 m tiefer Brunnen gebaut (nicht mehr vorhanden), damit die Leute nicht mehr Wasser von zu Hause mitnehmen müssen. Unter seiner Regie wird die Dorfstrasse bis zur Winkelstrasse weiter befestigt.
August 1939 umfangreiche Einberufungen zum Wehrdienst. Der 2. Weltkrieg beginnt am 1.9.1939. Die Bilanz ist 1945 auch für Sagar erschreckend. Fast ein Zehntel der Einwohner fallen an der Front, weitere kommen auf der Flucht um. Die Gefallenen einschließlich der Vermissten sind: Herbert Altmann, Willi Balko, Gerhard Bartsch, Heinz Batschon, Otto Bistrosch, Emil Bölk, Gustav Buder, Willi Buder, Max Diener, Ewald Droigk, Paul Dutschke, Kurt Glowna, Friedrich Glowna, Max Grabein, Paul Heyne, Alfred Hipko, Willi Hipko, Wilhelm Hoffmann, Ferdinand Hoffmann, Hugo Hoffmann, Günter Hoffmann, Richard Huschto, Kurt Hänchen, Max Jank, Max Jainz, Willi Jurk, Paul Kamenz, Martin Kahre, Heinz Kretschmer, Otto Krahl, Heinrich Kühne, Heinz Kupko, Fritz Krüger, Heinz Lehmann, Ernst Lehmann, Richard Marko, Erich Matteck, Hans Meißner, Wilhelm Melcher, Kurt Merkwirth, Erich Michalk, Heinz Murkisch, Herbert Mückisch, Helmut Najorka, Arthur Nescholta, Willi Nescholta, Max Nescholta, Richard Nescholta, Erich Nicke, Max Nicke, Helmut Noack, Gerhard Noack, Rudi Noack, Fitz Noack, Otto Noack, Helmut Noack, Kurt Noack, Karl Noack, Karl Noack, Erich Noack, Oswin Noack (Vater des Autors), Kurt Nuglan, Helmut Petermann, Otto Platzk, Fritz Polpitz, Fritz Radusch, Kurt Rienas, Fritz Richter, Fritz Richter, Fritz Richter, Willi Robel, Willi Rudoba, Max Snadny, Gerhard Stupka, Paul Schlammer, Walter Schneider, Willi Schneider, Richard Schober, Willi Schwabe, Friedrich Schwabe, Heinz (?) Schubert, Alfred Tschammer, Heinrich Tschatschula, Richard Vogel, Erwin Weise, Kurt Werner, Richard Werner, Fritz Werner, Kurt Werner, Willi Werner, Otto Wolfermann. Das sind 94 Männer.
Im Februar 1945 mussten alle Einwohner Sagar verlassen. Die Front verlief vom 21.2. bis zum 16.4.45 entlang der Neiße. Unter Lebensgefahr versuchten einige Leute immer wieder, sich Sachen aus ihren Häusern zu holen. In der Nacht vom 16. zum 17.4.45 durchbrach die sowjetische Armee die Front. Am 8.5.45 war der Krieg zu Ende. Die ersten zurückkehrenden Familien waren die von Wilhelm Noack, Heinrich Noack und Herbert Noack. Von den Zivilisten haben folgende die Heimat nicht mehr gesehen: August Mückisch, Anna Klich, Wilhelm Schwabe, Wilhelm Morkisch, Katharina Schlammer, Wilhelm Schneider.
Durch Kriegseinwirkung abgebrannte Gebäude vom 22.2. – 17.4.1945:
Heinrich Droigk, Winkelstraße, Wohnhaus
Otto Noack, Winkelstraße, Wohnhaus
Fritz Robel, Winkelstraße, Wohnhaus und Stall
Schwabe, Neudorfer Straße, Wohnhaus und Stall
Nescholta, Muskauer Straße, Wohnhaus, Schmiede
Wilhelm Hantho, Muskauer Straße, Wohnhaus
August Vogel, Muskauer Stzraße, Wohnhaus und Stall
Wilhelm Murkisch, Muskauer Straße, Stall
Wilhelm Dutschke, Muskauer Straße, Wohnhaus und Stall
Anna Polpitz, Am Berge, Stall
Willi Hipko, Am Berge, Wohnhaus und Stall
Max Schneider, Skerbersdorfer Str. Wohnhaus, Gasthaus, Nebengebäude
Paul Mückisch, Skerbersdorfer Str. Wohnhaus und Sägewerk
Richard Huschto, Skerbersdorfer Str. Wohnhaus
Max Nicke, Skerbersdorfer Str. Wohnhaus
Gerhard Glona, Skerbersdorfer Str. Stall und Scheune
Berthold Altmann, Kuppatz, Wohnhaus
Willi Ladusch, Kuppatz, Wohnhaus
Wilhelm Schneider, Kuppatz, Wohnhaus
Willi Hoffmann, Schulstraße, Wohnhaus und Stall
Walter Werner, Schulstraße, Stall
Alle Gemeindevorsteher bzw. Bürgermeister von Sagar von 1900 bis 1994:
1900 – 1906 | August Melcher (verhinderte Bau einer Tonwarenfabrik) |
1906 – 1913 | Wilhelm Kamenz |
1914 – 1919 | Gotthelf Buder |
1920 – 1922 | Karl Rumplasch (1922 plötzlich verstorben) |
1922 – 1924 | Friedrich Huschto (beginnt Planung neue Schule, 1924 verstorben) |
1924 – 1933 | Heinrich Melcher (Schulbau, Dorfstr. und Straße nach Muskau gebaut) |
1934 | August Mückisch (Deichbau Sagar – Lugknitz) |
1934 – 1938 | Heinrich Droigk (Straßenbau bis Winkelstr., Brunnenbau Friedhof, Neubauten in der Siedlung) |
1938 – 1941 | Otto Dutschke |
1942 – 1945 | Paul Heyne |
Ab Mai 1945 | Heinrich Noack |
Oktober 1945 | Max Lehmann (im Streit mit Heinrich Noack) |
1946 – 1950 | Max Lenke |
1951 – 1953 | Hildegard Treptow |
1954 – 1958 | Paul Stiller |
1959 – 1961 | Fritz Dutschke (Kulturhaus- und andere Bauten) |
1961 – 1988 | Arnold Polpitz |
1989 – 1994 | Jürgen Dürr |
Nach 628 Jahren verlor Sagar 1994 seine Selbstständigkeit durch Beschluss übergeordneter Behörden. Es kann nach dem sächsischen Gemeindegebietsreformgesetz nun Sagar, Gemeinde Krauschwitz genannt werden.
Für zur Verfügung gestellte Dokumente danke ich Herrn Gottfried Hoffmann, Sagar, und Frau Nimpsch, Bad Muskau, der Tochter des verstorbenen Friedrich Murkisch.
Quellen:
1. | Urkunde von Herzog Bolko II. von Schweidnitz-Jauer im Landesarchiv Bautzen in „Codex diplomaticus Lusatiae superioris – CD Lus. IV. /1. S.2 „ |
2. | Beiträge des Verfassers zu Sorben und Schulen in „Heimatkundliche Beiträge des Landkreise Weißwasser“ |
3. | Beitrag des Verfassers zur Ortsgeschichte in der Broschüre „Krauschwitz,Sagar, …“ |
4. | Weitere Manusskripte beim Verfasser über soziologische Entwicklung der letzten 500 Jahre (Einwohner, Berufe, Familiennamen), Geschichte des Sägewerkes, Sport, Feuerwehr, Fasching |